Trachten

Schwiegershäuser Trachten


"Von der Wiege bis zur Bahre", diesen Spruch kann man auch auf die Verwendung unserer Trachten anwenden.

Angefangen vom Taufkleidchen bis hin zu der Tatsache, dass sich die Verstorbenen auf Wunsch in ihrer Tracht beerdigen ließen, zeigt, dass die Tracht im Dorf über die gesamte Lebensspanne hinweg von Bedeutung war.


Es ist unserem Verein ein besonderes Anliegen, die Trachten in unserem "Hus in Dieke" aufzubewahren und diese in beispiellosen Exponaten den Besuchern zu zeigen.

Die Herstellung der Trachten geschah durch Schneider und Schneiderinnen im Dorf. Die verwendeten Stoffe (Beiderwand und Leinen) wurde in fast allen Häusern selbst gewebt und wurden bei Osteroder Firmen eingefärbt.

Hinzugekauft wurden die Tücher und Stoffe aus Seide.

Die Tracht stellte auch einen sozialen Status dar, denn nicht alle Einwohner konnten sich eine Tracht leisten.

Noch heute werden in Schwiegershausen die Trachten zum Erntedankgottesdienst oder Pfingsten zum Kirchgang getragen.

Fotos: Dietrich Kühne, Wolfgang Beuershausen


Aquarell von Herbert Blaschke, 1950.

Abgebildet sind Wilhelm Wode und Ehefrau Herta, geb. Schumann


Schon während der Schwangerschaft nähte die Mutter aus abgetragenen Leinwandtüchern die Säuglingshemdchen, die hinten zugebunden werden konnten.

Zur Taufe verwendete man über Generationen hinweg ein Taufkleidchen mit gehäkelter oder gestrickter Spitzenhaube. Die Hebamme trug den Täufling im schwarzen Hebammenmantel auf einem Kissen zur Taufe.


Im so genannten Wooremantel eingewickelt wurden die Kinder getragen, bis sie laufen konnten.


Die erste Tracht gab es zur Konfirmation.

Die Jungen erhielten den ersten blauen oder schwarzen Anzug, teilweise mit Weste.

Dazu einen gleichfarbigen Hut, an dem ein Sträußchen mit Seidenblüten und Seidenbänder geheftet waren.

Die Tracht für die Mädchen war aufwendiger. Es war ein schwarzes Kleid mit Spitzenbesatz. Um die Taille wurde ein buntes Seidenband und im Rücken zur Schleife gebunden.

Vorn befestigte man ein großes Spitzentaschentuch und den Kopf zierten die so genannten Kantenzöpfe. Vor der Frisur saß ein Myrthenkranz, vor den noch ein grünes Band gebunden wurde.

Das Spitzentaschentuch diente für den Rest des Lebens als Gesangsbuchtuch. Mit dem Gesangbuch wurde es in einer Beilade eines Koffers aufbewahrt.


Durchweg bunt war die Tracht der Jungmädchen und Jungen.

Neben dem hellen Beiderwand-Faltenrock wurden auch andere helle bunt bedruckte Stoffe verwendet, z.B. Flanell.

Darüber trug man eine langärmelige Schoßjacke, die ebenfalls mit kleinen Blumenmustern bunt bedruckt war.

Das ganze zierte noch ein besonders farbenfreudigen Rosentuch.

Es wurden grüne, rote, blaue oder violette Bandmützen getragen.

Gerne trugen die junen Mädchen auch das weißgeblümte Jungmädchenkleid mit entsprechend abgestimmter Faltenschürze.

Die Jungen trugen ein weißes Leinenhemd und schwarze Hosen mit Gobelinhosenträgern, dazu eine Samtweste und einer bestickten Kappe.




 


Früher war es üblich, dass den Sonntagsgottesdienst mindestens ein Familienmitglied besucht.


Bei mehrtägigen Festen wurde am ersten Tag die Festtagstracht zur Kirche getragen.

Am zweiten Feiertag und zu normalen Sonntagen trug man die schwarze Kirchentracht, über die bei kalter Witterung der braune Kirchenmantel umgelegt wurde.

Dessen Machart ähnelte dem Wooremantel, wurde jedoch aufwendiger verarbeitet.

In sozial schwächeren Schichten kleideten sich die Frauen mit preiswerteren Kattunkleidern in schwarz oder grau und passender Faltenschürze.


Die wertvollste Tracht war die Braut- und Festtagstracht.

Zur Verwendung kamen hochwertige Stoffe aus Wolle und Seide.

Angefertigt wurden die Kleider von Schneidern oder Schneiderinnen aus dem Dorf.

Die dazu passenden Hauben waren reichlich verziert mit Perlen und Kunstblumen.

Dazu trug man selbstgestrickte Strümpfe und schwarze Halbschnürschuhe.

An der Festtagstracht konnte man den sozialen Status im Dorf erkennen. Nur "betuchte" Bauernfamilien konnten sich eine solche Tracht leisten.




Die Arbeitstracht war robust und eher in dunkel gefertigt.

Die Beiderwandröcke wurden zur Aufbewahrung in Falten gelegt und zusammengebunden.

Die Stoffe schmückte überwiegend ein Muster mit dem so genannten Blaudruck.

Dazu gab es in Osterode einge Firmen, die sich auf den Blaudruck spezialisert hatten.

Ein dunkles Kopftuch schützte die Frisur.


Die Männer trugen eine derbe braune Beiderwandjacke mit Stehkragen und eine Manchesterhose, die mit Hosenträgern gehalten wurde.

In der Regel trug man dazu ein weißes Leinenhemd, welches auch als Nachthemd diente.

Als Kopfbedeckung diente eine Schirmmütze. 


Die Erzeugnisse aus der Landwirtschaft wurden in Osterode auf dem Markt zum Kauf angeboten.

Transportiert wurden sie in selbstgeflochtenen Kiepen über die zum Schutz ein Beiderwandmantel geschlagen wurde.

Die Männer trugen oft gelbe Gamaschen über die Hosen. Danach erhielten die Schwiegershäuser ihren Spitznamen "de Jeelbeine".

Die Kiepe diente auch zum Transport von Mahlzeiten zur Feldarbeit.

Die Taille aller Trachten war gleich unterhalb des Busens und diente somit als Stütze.

Die so genannte Heutracht bestand aus einem leichteren hellblauen Beiderwandrock. Dazu ein Leinenhemd mit halben Ärmeln. Das weiße Kopftuch wurde hinten unter dem Haarknoten zusammengebunden.


Eine leichte Arbeitsschürze diente nicht nur zur Zierde, sondern wurde auch zum Transport von Alltagsgenständen benutzt.

Die braunen Lederschuhe wurden überwiegend vom Dorfschuster hergestellt und bei Bedarf repariert.

Die Strümpfe wurden alle selbst gestrickt und die Löcher wurden so lange gestopft, wie es möglich war.

Die durch die tägliche Arbeit bedingte Abnutzung der Hosen wurde durch Aufsetzen von Flicken entgegengewirkt.


Der Wahlspruch für alle Bekleidungsarten lautete:

"Selber gesponnen, gewebt und gemacht

ist die beste Bauerntracht"


Das Foto entstand anlässlich der Teilnahme am Niedersachsentag im Juni 2015.


Auch am 12.06.2022 nahm eine Trachtengruppe unseres Vereins am Tag der Niedersachsen in Hannover teil.


1960 erschien im Heft 8 des Heimat- und Geschichtsvereins Osterode ein Artikel von Ursula Vollbrecht und 1963 hat der Berg-Kalender einen Bericht von Georg Metz zu den Schwiegershäuser Trachten veröffentlicht.

Beide Artikel sind hier verlinkt.

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